Emminghaus - Psychopathologie (1878) |
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"Die Methode des psychiatrischen Unterrichtes kann
im Vortrag wie im Lehrbuch zwei verschiedene Wege einschlagen. Entweder kommen die typisch
wiederkehrenden Formen des Irreseins - Melancholie, Manie, Wahnsinn, Verrücktheit usw. -
eine nach der anderen zur Besprechung, indem ein jeder dieser Symptomenkomplexe als Ganzes
vorgeführt und die Pathologie, Aetiologie, pathologische Anatomie und Therapie desselben
vorgetragen wird - oder dem speziellen Teile der Psychopathologie, der Psychiatrie im
engeren Sinne, geht eine allgemeine Psychopathologie voraus, welche ohne Rücksicht auf
die Erscheinungen, Ursachen etc. des einzelnen Krankheitsbildes die Lehre vom gestörten
Seelenleben überhaupt behandelt." Seite 1 Emminghaus nennt als Vorläufer der von ihm gewählten zweiten Methode die Bücher von Chiarugi (1795) und Griesinger (1845/1861). Eigentlich ist die Psychopathologie von Emminghaus ein "Lehrbuch der Psychiatrie" ohne ein Kapitel über Therapie. Einteilung der psychischen Störungen durch Emminghaus (ab Seite 264) 1. Schwermut oder Melancholie (unmotivierte, traurige oder gedrückte Stimmung, Unfähigkeit zu Lustgefühlen, zähes Haften von Erinnerungen, Zwangsvorstellungen, Angstanfälle, Versündigungswahn) - Heute würde man diese Zustände wahrscheinlich als mittel bis schwere Depression klassifizieren. Die heute so häufigen leichten Depressionen wurden damals selten klassifiziert. 2. Manie (gute Laune, heitere Aufregung, planloses Tun und Treiben) - Emminghaus gebraucht zwar noch den Begriff Tobsucht, die Abgrenzung zu Verrücktheit/Wahnsinn ist jedoch sehr deutlich. Emminghaus weist hier nicht auf das an anderer Stelle erwähnte cyklische Irresein hin. Über die Häufigkeit von Manie und Depression schreibt Emminghaus nichts (heute ist die Depression deutlich häufiger) 3. Wahnsinn ist ein "Symptomkomplex" mit Manie mit ausgeprägtem Wahn 4. Verrücktheit = Wahn und Halluzinationen, Gemüthsstumpfheit, Antriebsmangel, sonderbare Gewohnheit, "kindische Freude" Auf den Seiten 273 bis 285 berichtet Emminghaus über "Verlauf, Dauer, Ausgänge und allgemeine Prognostik der psychischen Störungen". Er beschreibt sehr viele bekannten Verläufe, ordnet jedoch keinen der Verrücktheit zu. Progressiv sei der Verlauf bei Hebephrenie (Kahlbaum-Hecker) und bei der Dementia paralytica.
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